Historische Trouvaillen

Mit dem Kursaal-Jubiläum blicken wir auf die Kultur- und Bäderstadt mit ihrer langen Tradition als Thermalkurort. Dank den 47 Grad Celsius heissen Quellen reisen die Menschen seit Jahrhunderten nach Baden auf der Suche nach Vergnügen und Unterhaltung. Hier findest du historische Trouvaillen aus der 150-jährigen Kursaal-Geschichte.

Im Buch zum Jubiläum gibt’s mehr davon!

Das Herz der Kurstadt

Kursaal Baden 1898

Kurhaus, Kursaal, Konversationshaus oder Kasino?

Egal wie man es nennt: Ein Gebäude für den gesellschaftlichen Austausch und kulturelle Angebote gehört in der Zeit des aufkommenden Tourismus zum Standardangebot florierender Schweizer Kurstädte. Im Handbuch der Architektur von 1894 heisst es: «Das Cur- und Conversationshaus [ist] als für jeden Curort unbedingt nöthig zu bezeichnen; es soll den Leidenden die zum erfolgreichen Gebrauch der Heilquellen und Bäder gehörige Zerstreuung gewähren; […]. Dieses Haus bildet […] den Herd des geselligen Lebens für den Cur- und Badeort […].»

Kuppel Kursaal Baden

Robert Moser gewinnt Architekturwettbewerb

Der erste Kursaal-Entwurf stammt von Gottfried Semper 1865. Dieser war Baden aber zu teuer. Auch der überarbeitete Vorschlag von Caspar Joseph Jeuch wird nicht realisiert. Ein Architekturwettbewerb wird ausgeschrieben: Das Projekt «Glückliche Badenfahrt» des Badener Architekten Robert Moser (1833–1901) gewinnt den ersten Preis.

Moser lässt die mittlere Kuppel mit «Kurhaus» beschriften. Im Volksmund hat sich für das Ensemble von Haus und Park bald der Name «Kursaal» eingebürgert.

Das Bauwerk erfreut die Bevölkerung. Doch die Baukosten laufen aus dem Ruder: 80 Prozent Kostenüberschreitung – das führt die Kurhausgesellschaft in den Konkurs.

«Das Cur- und Conversationshaus bildet den Herd des geselligen Lebens für den Cur- und Badeort.»

Handbuch der Architektur 1894

Musik, Geschichte und Kultur

Kurorchester Baden

Lebendiges Kulturhaus – desaströse Finanzen

Die Kurgäste, die nach Baden zur Kur fahren, besuchen im Kursaal Konzerte, verweilen im Lesezimmer, trinken Tee im Restaurant, spielen Boule oder Roulette und geniessen den Austausch mit anderen Menschen. Sie staunen über die die römische Vergangenheit Badens besuchen den Ausstellungsraum im ersten Stock über die Geschichte der Stadt.
Doch die Finanzen des neuen Betriebs sind ein Desaster: In den ersten beiden Betriebsjahren entsteht ein Defizit von 77 000 Franken. Die Ortsbürgergemeinde übernehmen einen grossen Teil des Defizits und schiessen 50 000 Franken ein.

Konzertmuschel im Kurpark

Die Konzerte der Kurkapelle sind über lange Zeit die Hauptattraktion des Kurorts, ein Kurorchester gehört zum kurörtlichen Standardangebot. Vor Eröffnung des Kursaals spielt die Kurkapelle an verschiedenen Orten im Aussenraum, so zum Beispiel beim Kurbrunnen auf dem Kurplatz oder beim «Hinterhof» und dem «Ochsen». 

Im Zuge des Kursaal-Baus entsteht eine Konzertmuschel im Kurpark. Hier finden nun täglich mehrmals pro Tag Konzerte statt. Das Kurorchester wird finanziert durch Kurtaxen und Beiträge der Hoteliers. Später entsteht ein neuer Musikpavillon im Kurpark.

«Während dem Orchesterspiel ist die Konversation leise zu führen»

Fremdenblatt 1900

Glück, Spiel und Geld

Kursaal, Rösslispielapparat, Glücksspiel 1900

Das Rösslispiel generiert Geld

Spielen gehörte seit den Anfangsjahren zum Angebot des Kursaals und liefert zuverlässig einen positiven Beitrag zum Geschäftsergebnis, weit über einhundert Jahre lang. Ab 1887 steht im Kursaal ein Rösslispielapparat (vgl. Bild).

Das Rösslispiel (Le Jeu aux petits chevaux) ist ein mechanisches Wunderwerk aus Holz und Metall. Acht Blechpferdchen ziehen in konzentrischen Kreisen ihre Bahnen, bis ein Zufallmechanismus eines zum Sieger erkürt.

Das Spiel generiert Überschüsse und die Erträge steigen kontinuierlich: von 500 Franken (1887) auf 16 362 Franken (1897).

Poker Casino

Streit um das Glücksspiel

Das Bezirksamt will den Spielraum im neuen Kursaal schliessen, gewerbliche Glücks- und Hazardspiele sind verboten. Doch der Badener Stadtrat rekurriert: Ein Kursaal sei keine Spielbank! Das Rösslispiel bleibt erlaubt, sofern es nur Kurgästen zugänglich ist.

Nach Annahme der Volksinitiative «für ein Verbot der Einrichtung von Spielbanken» im Jahr 1920 muss der Spielbetrieb schliessen. Allerdings nur vorübergehend: Die Fremdenverkehrsbranche lanciert die Volksinitiative «Kursaalspiele». Das Boulespiel wird in Kursälen unter bestimmten Auflagen erlaubt: Der Einsatz pro Spielrunde beträgt zwei Franken, ein Viertel der Roheinnahmen muss an den Bund abgeliefert werden.

Ein Stadtsaal für alle

Knabenmusik und Fasnacht

Obwohl Baden sich auch im 20. Jahrhundert als Kurstadt vermarktet: Seit der Gründung der BBC 1891 hat sie sich zu einer Industriestadt entwickelt. Der Kursaal dient zunehmend  der Elektro- und Baubranche.

Auch einheimische Vereine wie der Männerchor Harmonie, der Orchesterverein Musik des katholischen Jungmännerbunds Badensia und die Stadt- und Knabenmusik nutzen zunehmend den Kursaal. Zudem finden regionale Anlässe wie das Aargauische Trachtenfest (1928) oder der Kostümball (1937) regelmässig im Kursaal statt.

Nach dem zweiten Weltkrieg sind Fasnachtsanlässe oder der Badener Silvesterball nicht mehr wegzudenkende identitätsstiftende Fixpunkte im Kursaal-Jahresprogramm.

«Zentrum des kurörtlichen gesellschaftlichen Lebens» und «Mittelpunkt des kulturellen Lebens und der Vereinsanlässe der Stadt Baden».

Gästeblatt vom 30. April 1955 über den Kursaal

Tanz im Kursaal – erste TV-Übertragung

Der Kursaal ist beliebt für nationale und internationale Tanzturniere. Highlight ist der Tanzanlass vom 30. April 1955, an dem sich Tanzpaare aus Belgien, Deutschland, Holland, Österreich und der Schweiz beteiligen.  Der Anlass wird zum ersten Mal im TV übertragen; ein Novum, erst seit 1953 sendet das Schweizer Fernsehen ein regelmässiges Programm.

Der Cityball von Alois Müllers Tanzclub Rot-Weiss-Baden gilt als Traditionsanlass in der Schweizer Tanzszene der 1970er-Jahre. Doch die sich wandelnden gesellschaftlichen Bedürfnisse machen dem Kursaal zunehmend zu schaffen. Ein Problem ist die «Überalterung» der Gäste, wie der Filmbeitrag von 1980 zeigt.

 

SRF Filmbeitrag 1980

Auf dem Weg zur Wirtschaftlichkeit

Hoffnungsvolles Konzept «neues Stadtcasino»

1984 liegt das Konzept für ein Stadtcasino vor. Das bestehende Raumangebot soll durch Versammlungsräume unterschiedlicher Grösse ergänzt werden.

Die Ortsbürger treten den Kursaal samt Park an die Einwohnergemeinde ab. Der Einwohnerrat bewilligt ein Baurecht für die noch zu gründende Betriebsgesellschaft, eine Beteiligung am Aktienkapital, einen Baukredit und ein Darlehen.

Im Dezember 1984 kommt es zur Volksabstimmung: Eine Mehrheit stimmt der Vorlage zu. Sechs Monate später wird die Stadtcasino AG gegründet. 1990 zieht der Verwaltungsrat Bilanz: Die Umsatzziele wurden nicht erreicht.

Die A-Konzession rettet den Kursaal

1993 befürworten die Schweizer Stimmberechtigten die Aufhebung des Spielbankenverbots. Kurz darauf eröffnet das Automatencasino im Nordflügel. Das macht zuversichtlich: Endlich kommt der altehrwürdige Kursaal aus seiner finanziellen Misere.

Man bewirbt sich 1999 für eine A-Konzession für Casinos und baut unmittelbar das Gebäude um. Am 13. Juni 2002 wird die A-Konzession erteilt, einen Monat später eröffnet das Grand Casino Baden seine Pforten.
Zur Ausstattung gehören 24 Spieltische, 260 Spielautomaten, 160 000 Jetons und mehr als 100 000 Spielkarten. Umbau und Equipment kosten 65 Millionen Franken. 
Das Buch